„Alles Nazis auẞer Mutti!“ –
F_antifa heiẞt Austausch
Aktivist*innen des Potsdamer f_antifa-Kongresses 2017
Wir sind zwei Aktivist*innen aus der Orga-Crew des Potsdamer f_antifa-Kongresses von 2017. Unser Herz schlägt für anarcha-feministische Politik.Wenn wir uns das F_antifa-Plakat der Genoss*innen von 1992 angucken, mischen sich folgende Emotionen:
- Freude darüber, Teil einer Tradition zu sein
- Neugierde auf Praxis, Theorie und Alltag der Genoss*innen von damals
- Belustigung und Unbehagen ob der „Weiblichkeitssymbole“
- Dankbarkeit für all die Arbeit, die schon geleistet wurde
Es gibt uns Kraft, uns als Teil einer sich stets wandelnden Tradition zu begreifen. Antifeminismus ist mit beeindruckender Konstanz ein Element faschistischer Bewegungen. Im Austausch zwischen den politischen Generationen können wir solche historischen Kontinuitäten erkennen – und unsere Gegenstrategien anpassen.
Dementsprechend sind wir neugierig auf die Erfahrungen der Genoss*innen von damals: Was genau war eure Analyse, wie sich Faschismus, Patriarchat und Kapitalismus zueinander verhalten? Wie sah die Arbeitsteilung innerhalb der All-Gender-Antifa aus? Habt ihr gezielt weibliche Täter*innenschaft aufgearbeitet bzw. weiblich gelesene Nazi-Kader recherchiert, geoutet, angegriffen? Wie habt ihr antifaschistische Haltungen in feministische Kontexte eingebracht? Habt ihr euch z. B. gegen Antisemitismus in der Frauenbewegung gewandt? Fand eine feministische Mobilisierung gegen rechts statt? Habt ihr als FLTIQ (Frauen, Lesben, Trans, Inter, queere)-Antifas einen Umgang mit Vergewaltigungsandrohungen durch Nazis oder Bullen gefunden? Gab es eine alltägliche Solidarität zwischen antifaschistischen FLTIs? Wie habt ihr euch die Wut und die gute Laune behalten? Jedes auf Augenhöhe stattfindende Gespräch mit älteren Genoss*innen motiviert uns. Wir lachen über die „Immer nochs“ und sind stolz auf die „Immer wieders“: Veränderung geht langsam von statten, aber die Kämpfe gehen weiter.
Wenn wir uns nicht austauschen, geht Wissen verloren. Manche Missverständnisse zwischen den Generationen bzw. Strukturen beruhen auch auf vorschneller Abgrenzung. Bis vor kurzem haben wir alles, das sich nicht explizit als „queer“ benannt hat, noch für weniger radikal gehalten. Aber was uns handlungsfähig macht, ist ein interessierter Blick aufeinander: Wie benutzen Leute den Begriff „Frau“? Um zu beschreiben, dass diese Kategorie materiell wirkmächtig wird, auch wenn biologisches und soziales Geschlecht konstruiert sind? Wo schließen feministische Zusammenhänge Trans- oder nicht binäre Personen aus? Genauso ist ein kritischer Blick auf unsere eigene Praxis nötig: Sind wir im Rahmen unserer Theorie noch in der Lage, Herrschaft in der Praxis effektiv anzugreifen? Mit kritisch meinen wir nicht demütig. Es bedeutet auch, sich für das zu feiern, was gut ist. F_antifa heißt für uns, Feminismus als Korrektiv für Antifa-Arbeit und Antifa als Korrektiv für feministische Arbeit zu nutzen – und zwar entlang anarchistischer Ideale. Wir möchten auf eine Weise Politik machen, aus der wir Zuversicht schöpfen können.
Noch wissen wir viel zu wenig über die großartigen Personen, die vor uns aktiv waren und es parallel zu uns sind. Nichtsdestoweniger schicken wir ein auf immer unvollständiges DANKE an alle Widerständigen während der NS-Zeit und gegen faschistische Regime weltweit, an die F_antifa-Gruppen der 90er und heutigen Genoss*innen. Wir sind dankbar für jeden Kampf, den Feminist*innen und Antifaschist*innen
bisher ausgefochten haben. Ihr habt unser Leben besser gemacht!