Das Brav_a Zine. Eintauchen in die queere Version der Bravo
Giuseppina Lettieri
leitet beim Berliner Archiv der Jugendkulturen e. V. das Bildungsprojekt Diversity Box zur Akzeptanz und Anerkennung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.Das Brav_a Zine fiel mir zum ersten Mal in die Hände, als ich anfing für mein Projekt Diversity Box die queer-feministischen Zines aus unserem Bestand im Archiv der Jugendkulturen zu verwenden.
Der erste Blick in das Zine war (fast) wie ein Sprung in meine Teenagerjahre. Nicht nur die Namensähnlichkeit, auch Inhalt und Aufbau ließen mich direkt an die Bravo denken, die gute alte Teenie-Zeitschrift meiner Jugend. Nur alles eben queer, nicht hetero. Gedanken wie, was hätte ich damals dafür gegeben, mich damals gefreut, diese queere Version in Händen zu halten, um mich in den Inhalten und Foto-Love-Stories wiederzufinden, gingen mir sofort durch den Kopf.
Und das stellt für mich das ganz Besondere an Zines generell dar. Sie bieten fernab des Mainstreams in Musik, Gesellschaft und Kultur alternative, subkulturelle Themen und nicht normative Identifikationsangebote. Neben der Brav_a gibt es in Berlin mittlerweile eine große queerfeministische Zine-Community, die für nicht binäre, queer-feministische Menschen, egal welchen Alters, seit vielen Jahren eine Form des Austauschs und Vernetzens darstellt. Durch ihren nicht kommerziellen Charakter, die DIY-Gestaltung und die oft persönlichen Themen bieten Zines für mich immer wieder wertvolle neue Denkanstöße.
Mein Interesse für Zines wurde so richtig intensiv, als ich die Riot Grrrl-Bewegung für mich entdeckte. Neben Musik und Festivals waren Zines ein elementarer Bestandteil dieser bis heute einzigen feministischen Jugendkultur, die von Mädchen* und Frauen* in den USA initiiert wurde. Viele Musiker*innen wie Kathleen Hanna, Tobi Vail oder Allison Wolfe waren auch Zine-Macher*innen und brachten in den 1990ern heute legendäre Zines wie Riot Grrrl, Bikini Kill oder Jigsaw raus. Die Zines waren das Medium für die Riot Grrrls – in Zeiten ohne Internet – um sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen sowie ihre politischen Inhalte und Forderungen auszutauschen und zu verbreiten.
In der ersten Ausgabe der Brav_a, die im Juli 2012 erschien, dreht sich dann auch einiges um das „erste Mal“. Dabei wird nichts beschönigt, es finden sich darin wenig romantisierte Berichte zu Sex, offene Aussagen zu selten thematisierten Aspekten wie Asexualität und ehrliche Schilderungen von Mädchen* bzw. Frauen* zur Menstruation. Es zeigt dabei, dass sich die Brav_a zwar auch mit den „typischen“ Themen für Teenager beschäftigt, die in der Bravo vorkommen, aber eben auf feministische, antikapitalistische und nicht normative Weise und immer mal wieder mit einer guten Portion Sarkasmus vermischt.
Das Besondere für mich an Zines wie der Brav_a ist es dann auch, dass sie Jugendlichen, denen das Zine hoffentlich irgendwie in die Hände fällt, wie im Editorial von den beiden Macher*innen gehofft wird, aber auch queeren Menschen generell Mut macht, frei zu leben und zu lieben und einen Aufbruch aus normierten Schubladen zu wagen. Deswegen sind Zines wie die Brav_a, die queer-biographische Inhalte vermitteln, auch Teil der Aufklärungs- und Empowermentarbeit in unserem queeren Projekt Diversity Box zur Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
Daher ein Bravo an die Brav_a, und ich freue mich schon darauf, mein Gesicht in der nächsten Ausgabe vergraben zu können.