Eröffnung FFBIZ
Berit Schallner
forscht zur Frauen- und Geschlechtergeschichte, ein Unterfangen, das ohne das FFBIZ nicht möglich gewesen wäre.Wie die Meldung einer Nachrichtenagentur verkündet ein Schriftband am oberen Rand des Flugblattes die frohe Nachricht: „Das FFBIZ hat einen Laden.“
Mit der Eröffnung der Räumlichkeiten ging für die Initiatorinnen ein lange gehegter und gegen viele Widerstände durchgesetzter Traum in Erfüllung. Bereits im Flugblatt zur ersten Frauensommeruniversität in Berlin 1976 forderte die Dozentinnengruppe der FU und TU die „Einrichtung eines Frauenarchivs und einer -Bibliothek“. Den Ausgangspunkt für diese und weitere Forderungen an die Hochschulpolitik bildete eine grundlegende Kritik an der inhaltlichen, personellen, institutionellen und symbolischen Geschlechterordnung der Wissenschaftsinstitutionen. Die Aktivistinnen hatten schnell festgestellt, dass in allen Disziplinen ein grundlegender Mangel an Materialien von und über Frauen herrschte, ein Mangel, den vor allem die Wiederentdeckung vorangegangener Frauenbewegungen, ihrer Errungenschaften und Anliegen, ad absurdum führte. Die lückenhafte Tradierung dieser Wissensbestände in den Wissenschaftsinstitutionen überzeugte viele Aktivistinnen von der Notwendigkeit, das Aufspüren, Sammeln und Ordnen selbst in die Hand zu nehmen. In neu gegründeten Archiven und Bibliotheken wollten sie die Bestände allen interessierten Frauen zur Verfügung stellen und so vor einem erneuten Vergessen bewahren.
Darüber, ob das politische und wissenschaftliche Heil in Autonomie oder Institution zu suchen sei, wurde in verschiedenen Initiativen heftig gestritten. Das abgebildete Flugblatt ist ein aufschlussreiches Beispiel für den utopischen Überschuss, mit dem die Aktivistinnen neue Formen von Bildung und Wissenschaft außerhalb traditioneller wissenschaftlicher Institutionen etablieren wollten. So bebildert es anhand der skizzierten Frauengruppen, welche Funktionen die neue Einrichtung idealerweise erfüllen sollte: Weiterbildung, Wissenschaft, Dokumentation, Archiv, Kiez-Geschichte, Stadtteilarbeit, Kinderbetreuung, Müttertreff, Kunst und Kultur, Feiern – all das sollte in den neuen Räumlichkeiten möglich werden. Die Darstellung der Nutzerinnen in Gruppen verweist auf ein weiteres Ideal feministisch-alternativer Wissenspraxis: Das Arbeiten im Kollektiv der Frauengruppe. In den Kollektiven – auch das verdeutlichen die Zeichnungen auf dem Flugblatt – sollten sich Gleichgesinnte zusammentun, um gemeinsam und auf Augenhöhe zu forschen, zu lernen, zu feiern und zu arbeiten, egal, ob sie Wissenschaftlerinnen oder Laiinnen waren, Forscherinnen oder Beforschte, Hausfrauen oder berufstätig, Mütter oder kinderlos.
Ein drittes Element, das hinsichtlich feministisch-wissenschaftlicher Praxis Aufmerksamkeit verdient, versteckt sich im Text: Die Besucherinnen sollten den Eintritt zur Eröffnungsveranstaltung in Form von Ausstattungsgegenständen entrichten. Zur Auswahl standen pro Besucherin ein Klappstuhl, ein Buch, eine Henkeltasse oder ein Spielzeug. Damit verweist das Flugblatt zum einen auf die prekäre finanzielle Lage, aus der heraus viele feministische Initiativen operierten, zum anderen aber auch auf den Mut der Bewegung zum Provisorium, das im Idealfall vom Einfallsreichtum und der Unterstützung aller Beteiligten lebte. Allem Anschein nach trafen die Verfasserinnen mit dem Flugblatt den richtigen Ton: Zur Eröffnungsfeier kamen über 500 Frauen aus allen Gesellschaftsschichten.