Film (DVD)

Es gibt nichts Schöneres als Jubel

ist Musikerin, DJ und Label­betreiberin in Wien. Seit 1999 ist sie female:pressure-Mitglied. Außerdem macht sie Radio- und TV-Sendungen.

Selbst­ermächtigung, Repräsentation, Sichtbar­keit, Erinnerung

Frauenmusikfestivals haftet seit den 70ern Jahren der Ruf an, altmodisch zu sein. Die Sujets sind oftmals Wald und Wiese und tanzende Frauen, Trommelworkshops, Wohlfühlen, Weltmusik, Singer-Songwriting, gemeinsam vegan kochen und diskutieren und viele Vorurteile mehr. Zum Glück gibt es Archive, die Plakate, Flyer, Programme aufgehoben haben, welche nicht selten auch zum Schmunzeln einladen. Aber warum eigentlich? Kaum ist eine ein paar Jährchen jünger, versucht sie sich, von den „Alten“ und ihren ästhetischen Präferenzen abzugrenzen. Fair enough! Aber die Kämpfe und das finanzielle und unbezahlte Engagement Vieler, die hinter den vermeintlich selbstverständlichen Freiräumen, Kulturvereinen, Medien, Archiven stecken, darf niemals geringgeschätzt werden. Wir Alten müssen auch manchmal loslassen und weitergeben wie zum Beispiel im Rahmen der famosen GirlsRockCamps.

Heute spricht fast keine mehr von „Frauenmusik“ oder „DJane“. Viele sind kritisch gegenüber diesem Etikett, das nicht unterscheidet zwischen Musikrichtung und Genre. Dennoch sind dementsprechend programmierte Festivals die beste Möglichkeit, sich kennenzulernen, auszutauschen, längerfristig zu vernetzen und weitere Aktionen, Panels, Festivals, Blogs, Workshops zu planen. Im Bereich elektronischer Musik wären das etwa die female:pressure-Parties und -Radiosendungen, das Perspectives Festival, Heroines of Sound in Berlin und viele mehr.

Kollektives Arbeiten oder die Wirklich­keit wird von Allen verändert

Kollektives Arbeiten, wie es bei Frauenmusikfestivals oft üblich war, bedeutet auch unzählige Diskussionen, Überzeugungsarbeit, Kompromisse, ehrenamtliches Engagement, Bürokratie, Aufeinander achtgeben, Ressourcen organisieren, ohne sich zu übernehmen und daran zu zerbrechen. Kollektives Arbeiten – künstlerisch und organisatorisch – setzt voraus, dass es über gewisse Themen keine Diskussion mehr geben darf. Waren wir anfangs Frauen, Lesben, Feministinnen, Emanzen, sind Ende der 90er Jahre durch Diskussionen rund um Ladyfeste und die Butler-Lektüre selbstverständlich queere Positionen übernommen und die Sensibilität, wie mit Sprache umgegangen werden soll, geweckt worden.

Die aktuelle Debatte um den sogenannten Genderwahn, die #metoo-Diskussion, der politische Rechtsruck verbunden mit einem konservativen „Frauen zurück an den Herd und zur Kindererziehung“-Bild, die Einkommensschere, die gläsernen Decken – all das zeigt, dass das, was für viele junge Frauen selbstverständlich scheint, auf der Kippe steht. Wo Solidarität infrage gestellt wird, wird vom kleinen Kuchenstück auch schnell wieder was runtergeschnitten. Nichts anderes zeigen auch die Zahlen der female:pressure-Erhebung: Die Präsenz von feministischen und/oder non-binary Künstler_innen im Bereich elektronischer (Club-)Musik liegt nach wie vor maximal im Bereich von einem Fünftel.