§ 218 StGB –
the never ending story?
Ulrike Busch
ist als Professorin für Familienplanung an der Hochschule Merseburg tätig. Ehrenamtlich ist sie langjährig pro familia verbunden.Als „ostsozialisierte“ junge Frau war es Anfang der 90er Jahre nahezu unfassbar für mich, dass dieses alte Monstrum 218, das es in der BRD noch gab, nun auch die Einheit Deutschlands überleben und auch über die Frauen der ehemaligen DDR kommen und die hier vorhandene reproduktive Selbstbestimmung aushebeln sollte. In der DDR galt seit 1972 ein Gesetz, das den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft voll in die Entscheidungskompetenz der Frauen legte, gekoppelt an Unentgeltlichkeit nicht nur des Eingriffs, sondern auch der Kontrazeption. Es war das modernste Gesetz, das Deutschland in dieser Frage jemals hatte und leider wird das wohl noch lange so sein.
Der § 218 ist durchs Nadelöhr des deutschen Einigungsprozesses geschoben worden. In den Folgejahren hat man sich damit weitgehend arrangiert – in Politik, Medien, Verbänden … Selbst viele Frauen wissen nicht, dass der Abbruch als Straftat gegen das Leben nach Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch sanktioniert ist. Lange Jahre herrschte ein eigentümliches Schweigen: Im Osten hatten Frauen nach der Wende primär andere Probleme. Wenn frau nicht gerade eine ungewollte Schwangerschaft betraf, war das Thema für sie eher weit weg in Relation zu anderen. Für die Frauen in den alten Bundesländern war der reformierte § 218 zwar nicht das Optimum, aber ein Fortschritt im Vergleich zur vorherigen Notlagenindikation. Ich selbst war mit dem Thema vielschichtig befasst: im Familienplanungszentrum Berlin (FPZ), zu dessen Gründerinnen ich gehöre und das ich fast zehn Jahre leitete, ehrenamtlich im Bundesverband und Landesverband Berlin von pro familia und später als Professorin für Familienplanung an der Hochschule Merseburg.
Besorgniserregend ist, dass parallel zum allgemeinen Schweigen anti-choice-Kräfte immer stärker agieren – die sogenannten „Lebensschützer“ sind nur ein Beispiel, in den letzten Jahren kamen die „besorgniserregenden Eltern“ und nun die AfD hinzu, die in dieser Frage auch in den Parlamenten ihre durchaus „kräftigen“ Akzente setzen wird. Das Gute am Schlechten: Es wird immer sichtbarer, dass das Thema der reproduktiven Selbstbestimmung bei ungewollter Schwangerschaft auch in Deutschland nicht „erledigt“ ist und verteidigt werden muss. Zunehmend stärker formulieren auch junge pro-choice-Aktivist*innen dies wieder auf ihre Weise, eignen sich das Thema neu an. Das FFBIZ befindet sich hier in wichtiger und guter Gesellschaft.