Suzanne Seeland: Erinnerungen
an meine Kollegin
Magdalena Kemper
arbeitete als Journalistin und Redakteurin beim SFB/rbb. Sie hat das frauenpolitische Magazin Zeitpunkte mitgegründet und erhielt 2012 die Hedwig-Dohm-Urkunde.Ihren Vornamen hat sie sich selbst ausgesucht: Suzanne, französisch ausgesprochen mit dem weichen „ü“ und dem sanften „s“ in der Mitte.
Das verwies darauf, wie frankophil Suzanne Seeland ihr Leben lang war, sie war ja ganz nahe an der französischen Grenze zur Welt gekommen und die deutsch-französische Freundschaft war ihr immer eine Herzensangelegenheit. Das verwies aber auch ausdrücklich auf den wunderbaren Song von Leonhard Cohen. Für ihn, das hat sie mir einmal gestanden, schwärmte sie sehr – nicht nur in ihren Jugendjahren. Ja, meine Kollegin konnte manchmal außerordentlich gefühlvoll sein.
Das war erstaunlich, denn unsere Zeitpunkte-Mitarbeiterin Suzanne stand auch für den souveränen Umgang mit trockenen Fakten und Statistiken. Da war nicht viel Platz für gefühlvolle Einschätzungen. Arbeitsmarkpolitik, Analysen von Zahlen, Fakten und Umfragen im internationalen Vergleich, das war ihr Gebiet. Es waren genau die fundamental wichtigen Bereiche der frauenpolitischen Agenda, die wenige Kolleginnen aufgriffen – und nur wenige kannten sich dabei so gut aus wie sie.
Suzanne Seelands Recherchen und Berichte waren für die Redaktion Zeitpunkte ein wirkliches Geschenk. Suzanne sprach drei Sprachen fließend, Susanne war international vernetzt, Susanne war in der ganzen Welt unterwegs (die Weltfrauenkonferenz war da nur eine frauenpolitische Großveranstaltung). Suzanne war immer und unermüdlich bei der Arbeit, mal in Brüssel, mal in Paris, mal in New York, mal für die ILO (Internationale Arbeitsorganisation), mal für die CEDEFOP (Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung) unterwegs. Sie kannte sich aus im internationalen Vergleich zu Themen wie der beruflichen Ausbildung von Frauen, Chancengleichheit, Armutsbekämpfung und Frauenrechten.
Wenn sie, die Weltgewandte, zurückkam, brachte sie uns eine Fülle von spannendem Material, exklusive Auswertungen, bisher unveröffentlichte Statistiken, Interviews in allen Sprachen und mit allen berühmten feministischen Aktivistinnen der Zeit. Manches konnte die Redaktion gar nicht in der Sendung unterbringen, weil einfach der Sendeplatz nicht reichte, obwohl die Zeitpunkte immerhin jeden Tag eine Stunde auf Sendung waren.
Wenn sie eine prominente Politikerin vor das Mikrophon bekommen wollte, war sie zäh und meist erfolgreich. Wahrscheinlich hätte sie auch von Hillary Clinton und Angela Merkel ein Interview bekommen. Am 14. Januar 2009 starb sie nach langer Krankheit.